Südfrankreich und Abschluss unserer Europareise

Nach der eindrücklichen Reise durch Spanien haben wir noch einen Halt in Südfrankreich gemacht. Hier hatten wir die Absicht, weniger Ausflüge zu machen um uns etwas mehr Ruhe zu gönnen und vor allem, das Erlebte zu verdauen. Die ersten 10 Tage waren jedoch erneut voll gespickt mit überraschenden Entdeckungen. Carcassonne war im Zentrum unseres Aufenthalts in dieser Region. Hinter der Hand sagt man, dass es das kleine Murten von Frankreich ist. Wieso das kleine? Natürlich, weil Carcassonne die zweitschönste mittelalterliche Stadt auf der Welt ist. 



In Saint-Cyprien fanden wir eine kleine, feine Wohnung in der Nähe vom Mittelmeer. Der Ort beinhaltet ein Sammelsurium von Ferienhausquartieren und einem Zentrum, das eigentlich kein Zentrum ist. Das Tourismusbüro ist beim Freizeithafen, hier ist wohl während den Sommermonaten allerhand los. Für Ausflüge in die Region ist der Ort ideal. Mit dem Vermieter Vincent hatte ich ein interessantes Gespräch. Er ist Schuldirektor einer Schule in Perpignan und kennt die Region sehr gut. Im Gespräch zur Rentenreform äusserte er sich insofern, dass die Kommunikation der Regierung sehr schlecht sei. 

Wir besuchten bei Ille-sur-Têt die "Les Orgues". Klippen aus Lehm und Sand präsentieren im Laufe der Jahre immer wieder andere Bilder, als wäre ein Künstler am Werk. Es ist die Natur, die die Bilder immer wieder neu formt und gestaltet. Anscheinend regnet es zwischendurch sehr stark. Die "Hauben" auf den Gesteinsäulen schützen die Figur so lange sie können. Ein verständlicherweise gut geschütztes Fleckchen Erde. Die Stadt Ille-sur-Têt war für uns eine Geisterstadt. Etwas heruntergekommen, leer und leblos. Wir wollten in einem Restaurant etwas trinken, doch wir fanden keines. 

Wir fuhren weiter nach Thuir. Eine ebenso gespenstische, leblose Stadt. Hier ist die Getränkefabrik BYRRH zuhause. Nach ihrer Aussage steht bei ihnen das grösste Fass der Welt, was nachweislich nicht stimmt, doch will ich hier kein Spielverderber sein. Die Türen waren leider geschlossen, sodass wir ohne Besichtigung zurück in unsere Unterkunft gefahren sind. Gerne hätte ich die Fabrik besucht, da mich eine Geschichte an meinen Grossvater Gottlieb erinnert. Er war in jungen Jahren in Paris - mit Henri Thébault gut befreundet - und besuchte einmal mit Freunden ein Restaurant. Dort bestellte er "quatre bières Cassis" um seinen Freunden eine Spezialität von Frankreich offerieren zu können. Die Serviertochter fragte nach, ob er nicht ein "Byrrh Cassis" meine. Er sei etwas verärgert gewesen, da er die französische Sprache beherrschte und betonte, dass er vier "bières Cassis" möchte. Sie brachte dann was bestellt und... ob die vier Gäste diese Spezialität getrunken haben oder nicht lassen wir im Raum stehen. Ob die Geschichte auch Tatsache ist oder nicht - ich finde sie einfach schön. Mit Henri Thébault hatte ich während meinen jungen Jahren einen regelmässigen Briefkontakt. Ich habe ihm etwa einmal im Monat einen Brief in Französisch geschrieben. Er korrigierte mir diesen jeweils mit Rotstift und sandte sie mir mein Schreiben mit einem Brief von ihm zurück an mich.  Einmal habe ich ihn auch in Paris getroffen. 


Castelnou war ein weiteres Ausflugsziel. Nach der Ebene fährt man kurvenreich auf bescheidenen Strassen plötzlich leicht in die Höhe durch Wälder und Felder. Nach einigen Kilometern lacht einem ein kleines Städtchen mit einer markanten Burg entgegen. Castelnou gilt als eines der schönsten Städtchen von Frankreich. Es ist wirklich ein Bijou, doch zu 100% ein touristisches Ziel. Ich gehe nicht davon aus, dass dort Menschen in diesem abgeschiedenen Örtchen einen festen Wohnsitz haben. 


Perpignan, eine interessante Stadt, die einen jedoch kaum umwerfen kann, aber Okay. Etwas Besonderes ist die Festungsanlage auf der Anhöhe in der Stadt. Von 1276 bis 1344 stand dort der Palast der Könige von Mallorca. Dieser wurde, sei es aus Respekt oder irgendeinem anderen Grund, bei verschiedenen Aus-, Um- und Ergänzungsbauten der Festung, jeweils unverändert stehen gelassen. Sehr spannend zu sehen ist, was dieser königliche Palast beinhaltete. Im Prinzip alles wie die grossen Königshäuser einfach nur viel kleiner und schlichter. Die Stadt selber hat eine attraktive Fussgängerzone und dem Kanal entlang gepflegte Liegenschaften. Im übrigen Teil sieht es eher vernachlässigt aus. 


Collioure ist eine kleine Stadt am Rande der Pyrenäen an der Mittelmeerküste. Als die Stadt noch zum mallorquinischen Reich gehörte, war hier der wichtigste Handelshafen des Roussillon. Textilien, Öl und Wein wurden exportiert, Gewürze und exotische Artikel wurden importiert. Die Befestigungsanlage wurde immer wieder ausgebaut und verstärkt. Sichtbar ist, Vauban war auch hier aktiv. 


Wir haben Saint-Cyprien verlassen und sind anstelle über die Autobahn durch das Weinbaugebiet Maury gefahren, welches noch zum Languedoc gehört. Bereits im 13. Jahrhundert haben die Templer hier Weinbau betrieben. Hier ist die Welt wohl stehen geblieben. Das breite Tal mit seinen eindrücklichen, schmalen Felsketten, die, wie die Gastlosen, aus den Wäldern ragen, strahlt eine angenehme Ruhe aus. Auf den Anhöhen sieht man, dass im Mittelalter einige Burgen auf den Felsspitzen dominierten und über das Tal wachten und wohl auch herrschten. Die eindrücklichste Burg ist bestimmt das Château de Quéribus. Die Fahrt über den Col de Saint Louis (knapp 700 MüM) war ebenso speziell. Wir sind auf der Strasse unter einer alten Steinbrücke durchgefahren. Die eng gezogene Schlaufe der Strasse führte uns dann über die Brücke. Auf der anderen Seite des Passes sind wir der Aude nach Richtung Carcassonne gefahren. In Alet-les-Bains haben wir einen kurzen Fotohalt gemacht. Ein eher ausgestorbenes Dorf, welches bestimmt viele Geschichten zu erzählen hätte. 




In Carcassonne angekommen freuten wir uns, das grossartige Stadtbild zu sehen. 900 Meter vor den Toren der Stadt fanden wir eine sehr angenehme Unterkunft. Wir haben schon am ersten Abend einen "Stedtli-Cher" gemacht und in einem lokalen Restaurant etwas gegessen. Am folgenden Tag haben wir das Grafenschloss und die Stadtmauern besucht. In Frankreich spürt man das Laissez-faire durchwegs. Das Schloss sollte ab 10:30 besucht werden können. Ein A-4 Blatt informierte die Besucher, dass ab 11°°Uhr weitere Informationen folgen werden. Zwischen 10:55 und 11:05 kamen drei Mal Personen, welche das grosse Vorhängeschloss öffneten, eintraten und wieder zuschlossen. Einfach ohne einen Mucks zu machen neben all den Wartenden vorbei. Um etwa 11:07 wurde dann das Tor geöffnet und die mittlerweile stattliche Anzahl Touristen wurden ohne Kommentar eingelassen. Das Wetter war leider nicht sehr angenehm, wir mussten unsere Winterkollektion aus dem Reservekoffer nehmen. So hatten wir warm genug und genossen die Besichtigung der doppelten Ringmauern in vollen Zügen. Die Cité de Carcassonne auf dem rechten Ufer der Aude ist seit 1997 Weltkulturerbe der UNESCO. 


1247 wurde auf dem linken Flussufer der Aude die Neustadt gegründet. Die zwei markanten Bollwerke, das Stadttor, welches in die Altstadt einlädt, der Place Carnot und die Kirche sind sehenswert. 


In Port-la-Nouvelle haben wir die letzte Unterkunft während unserer Reise durch Europa bezogen. Dieser Ort ist mit Saint-Cyprien zu vergleichen. Ein riesiger Strand, in einem riesigen Lagunengebiet, der im Sommer wohl voll belegt ist. Es hat kein eigentliches Dorfzentrum. Die Häuser sind aus meiner Sicht schrecklich. Die Architekten müssen wohl eine Grundausbildung in einem Schuhgeschäft absolvieren. Die meisten Betonbauten sehen alle wie aufgestapelte Schuhkartons aus. Eine besondere Lagunenlandschaft, welche mit vielen eher billig gebauten Mehrfamilienhäusern den Strand verunstalten, soweit das Auge reicht. Vor den Häusern und auf den Strassen ist es eher ungepflegt und nicht so sauber. Eigentlich schade, vor allem wenn ich Bilder vom "Alten Land" sehe, wo ein Garten schöner gepflegt ist als der andere. Wo die Bewohner sogar das Trottoir mit dem Hausbesen reinigen. Doch was wir jeden Morgen bewunderten war der Blick aus der Wohnstube über das Meer und jeden morgen früh den Sonnenaufgang am Horizont hinter dem Wasser. 

Ganz in der Nähe ist ein Naturschutzpark mit dem Roc de Saint Antoine. Wir haben eine herrliche Wanderung durch die vielseitige Natur gemacht und waren beeindruckt. 


Die Stadt Narbonne haben wir mit einem Tagesausflug geehrt. Gallia Narbonensis war Hauptstadt mit dem ehemaligen Mittelmeerhafen des Languedoc. Im Jahr 1272 begann der Bau der Kathedrale Saint-Just-et-Saint-Pasteur. Die meiste Zeit haben wir in der Einkaufszone verbracht. Wir wollten doch für unsere Daheimgebliebenen noch Souvenirs kaufen. Das ist nicht so einfach, denn wir wollten nicht einen Staubfänger oder irgendetwas kaufen, das dann irgendwo im tiefen Keller landet. 

Links oben & unten: Erzbischöflicher Palast mit seiner grossen Sammlung von Fayence teils aus dem 17. Jh. 

Mitte: Im 2022 wurde der gedeckte Markt als die schönste Markthalle in Frankreich gewählt. 

In Tarascon und Beaucaire, zwei eng verbundene Orte, welche nur durch die Rhone getrennt sind, war der letzte Halt unserer Europareise. Ein guter Freund, Urs Glauser, lebte viele Jahre in Murten und war dort unser Tausendsassa. Er brachte touristische und lokale Ideen nach Murten und war unter anderem der Gründer des Trüffelmarkts, der mittlerweile wohl wichtigste Trüffelmarkt in der Schweiz. Seit einigen Jahren hat er Murten verlassen und hier in der Provence eine neue Herausforderung angepackt. Sein Hotel de Charme und Restaurant Mas des Comtes de Provence ist seine neue Heimat. Wir wurden herzlich empfangen und genossen den Aufenthalt. Ich bereitete mich gerade vor, um einen kurzen Moment den Pool zu geniessen. Wer kommt uns entgegen? Urs und Ruth Höchner, sie haben am gleichen Tag wie wir ein Zimmer gebucht. Sie sind, wie wir, auf der Rückfahrt einer längeren Reise. Sie sind von Italien her über Korsika, wir von der Algarve, Spanien und Südfrankreich her angereist. Wir erlebten ein fröhliches Wiedersehen mitten in der Provence. Das Abendessen in bester Gesellschaft war köstlich, gemütlich und bleibt uns unvergesslich

Links: Das Wasserschloss Tarascon an der Rhone       Mitte und Rechts: Festung Beaucaire über der Rhone

Unerwartetes Treffen mit Höchners und Abschied bei Urs Glauser und Bujar Morinaj

Nach einer langen Fahrt sind wir doch etwas müde in Düdingen, wo Jian eine Wohnung hat, eingetroffen. Von hier aus werden wir unsere Familien, so viele Freunde wie möglich und so oft es geht Murten besuchen. Die Reisevorbereitungen für den Teil zwei unseres Abenteuers mit dem Ziel China kann beginnen. Wir freuen uns sehr.



 中国,我们来了  😊   China, wir kommen 








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