82 - Ürümqi, Aksu & Kuqa, Provinz Xinjiang
Nach Turpan sind wir mit dem Zug nach Ürümqi gefahren. Die etwa zweistündige Fahrt war eindrücklich. Im Norden sah man die kahlen Berge, im Süden weit hinten hatte es auch Gebirge, dazwischen eine unendlich lange und breite Fläche. Alles ist flach, kaum grün, man konnte weder Städte noch Dörfer sehen. Die Windkraft wird hier extrem genutzt. Es hat tausende von Windrädern, Leitungsmasten und Kabel. Zwischendurch, wo man sieht, dass Öl gefördert wird, sieht man dann ein kleines Wohngebiet. Einmal kamen wir an einer etwas grösseren Stadt vorbei.
In Ürümqi angekommen wurden wir beim Ausgang vom Bahnhof wieder gut kontrolliert. Der Beamte fotografierte mit seinem Dienstmobile meinen Pass und sah, seiner Reaktion nach, woher wir kommen etc. etc. Hier heisst es nicht, "big brother is watching you" sondern "CPC ist watching you". Endlich kamen wir mit unseren drei Koffern aus dem Bahnhof. Da war eine längere Treppe, die wir überwinden mussten, bis wir zu den Taxis gelangten. Ich sagte Maria, dass sie oben warten soll, ich würde dann die Koffer einzeln hinuntertragen. Mit dem ersten Koffer war ich unterwegs, dann ging ein Uniformierter zu Maria und nahm ihr die beiden anderen Koffer ab und brachte sie die Treppe hinunter. Ich war ihm dankbar - ein sehr schönes Erlebnis. Ich buchte bewusst ein Hotelzimmer ohne Fenster mit Blick ins Atrium. Ich ging davon aus, dass es wohl ein Fenster innerhalb geben würde. Dem war nicht so, wirklich ein Zimmer wie auf einem Kreuzfahrtschiff, klein, fein und sauber, aber keinerlei Fenster. Am folgenden Tag haben wir im Hotel Yili eingecheckt. Ein kleines Zimmer (24m2), aber sehr angenehm. Das Bett, ein Arbeitstisch, ein komfortabler Sessel mit Fussschemel und ein tolles Bad. Wir waren einige Tage in diesem Hotel, liessen darauf unsere grossen Koffer für etwas mehr als eine Woche einlagern und logierten in der Folge nochmals eine gute Woche, da es uns dort sehr wohl war. Das Frühstück war sogar für mich ein Highlight. Toast, fünf verschiedene Konfitüren, Honig, Jogurt und aufmerksame Bedienung. Beim ersten Frühstück bat ich um ein Messer, damit ich Konfitüre auf meinen Toast streichen konnte. An den nächsten Tagen wurde mir jeweils persönlich ein Messer gereicht, sobald wir in den Frühstücksraum kamen.
Der People's Park (Volkspark) im Zentrum von Ürümqi ist riesig. Es hat ein Vergnügungsviertel für Kinder und verschiedene Pavillons. Da wird gegessen, getanzt, gespielt oder einfach auf den gepflegten Wegen spaziert. In der Mitte hatte es wenige kleine Marktstände und einen Freilandcoiffeur.
Gleich neben dem Park ist der Hong Shan. Auf dem Felsgipfel steht eine alte, eindrückliche Pagode auf gut 1'300 Meter. Ürümqi liegt auf ca. 800 m.ü.M. Auch ein gepflegter Tempel ist auf diesem Gelände. Von hier hat man eine tolle Aussicht über die Stadt und zum Tianshan-Gebirge.
In der Uigurischen Sprache heisst Markt "Bazaar". In Ürümqi, der Hauptstadt der Provinz Xinjiang, ist der Grand Bazaar, kombiniert mit der Moschee in der Mitte einzigartig. Es hat viele grosse Gebäude mit Verkaufsflächen für jede Branche, Marktstrassen für Trockefrüchte, Souvenirs und vielem mehr. Auf der anderen Strassenseite ist ein Speisemarkt, wo man nebst kuriosen Speisen auch lokale Spezialitäten kosten kann. Wir waren während unserem Aufenthalt gleich drei Mal im Bazaar. Das dritte Mal "begeisterte" uns die kleine, etwa 20-minütige Show beim Eingang zum Bazaar, die jeden Tag, das ganze Jahr durch, zwei Mal aufgeführt wird. Um in den Marktbereich zu kommen geht man durch Kontrollbereiche. Auf dem Markt selber hat es viele Polizisten und freiwillige Helfer. Maria hat mit einer freiwilligen Helferin gesprochen. Sie verdient 3'200 RNB im Monat, was eher gut eingestuft werden kann. Auf der Strasse hat es zusätzliche, bewaffnete Polizisten und auch Militärangehörige, welche praktisch in Achtungstellung aus einem gepanzerten Fahrzeug schauen. Einer hin und der andere her. Für Sicherheit ist also bestens gesorgt.
Maria wollte mit mir an die Messe. Es hat eine riesige, moderne Messehalle, die als Wahrzeichen ein Gebäude hat, welches einem Ufo ähnlich sieht. Dort angekommen... es fand keine Messe statt. Gleich daneben leuchtete uns zum Glück ein riesiger goldener Buddha entgegen. Was macht man in einem solchen Fall, wir besuchten den Dafo Tempel auf dem Hongguang Berg, welcher von einer riesigen Parkanlage umgeben war. Gleich nach dem Eingang war es etwas unangenehm. Drei Polizisten mit einem Polizeihund standen in der Nähe. Der jüngste Polizist hatte wohl den Auftrag, den "Laowai" (Langnase) zu kontrollieren. Er hörte kaum auf, uns viele Fragen zu stellen. Ich zeigte ihm meine ID, was bis heute immer ausreichend war. Er löcherte uns mit unzähligen, weiteren Fragen. Ich bin bekannterweise ein ruhiger und geduldiger Mensch. Doch in diesem Fall stiess meine Ruhe an Grenzen. Zum Glück verstand er kein Schweizerdeutsch. Ich stellte ihm die Frage, "wosch jetz de no wüsse weli Schuegrössi mini Urgrossmueter gha het". Dabei zeigte ich ihm auf meinem Mobile das Foto meines Passes, das er umgehend fotografierte und sich höflich bedankte. Nach etwa 10 Minuten liess er uns gehen. Ich ärgerte mich noch eine Weile. Wir sprachen über Ping-Pong, bestaunten den Tempel und die Parkanlage in ihren Herbstfarben und liessen den Ärger zurück.
Die Yema Group in Ürümqi besitzt die grösste Zuchtbasis für eine der ältesten Pferderassen, die Achal Tekkiner-Pferde. Das Pferd, ursprünglich aus Turkmenistan, ist ein wichtiges Symbol der Seidenstrasse. Beim Galoppieren wird eine blutähnliche Flüssigkeit ausgesondert. Das "blutschwitzendes Pferd" Genannte, steht als Symbol für extreme Vitalität und Ausdauer. Besonders auch für Ritte durch Wüste und unwirtliches Gelände. Das Gestüt ist auf einem riesigen Gelände mitten in der Stadt Ürümqi mit mehr als 100 Pferden, ja sogar einige Kamele werden hier gehalten. Mit einer sehr eindrücklichen Show wurden wir verwöhnt.
Wie auch schon erwähnt, die Museen sind grosszügig und interessant. Wir besuchten das Ürümqi Museum und lernten die Region besser kennen. Auch hier hat es wie oft verschiedene Themen. Die prähistorische Zeit wird auch oft präsentiert. Uns interessiert jedoch meistens die lokale und nationale Geschichte. In diesen Bereichen wird die Chinesische Einheit immer wieder besonders betont. Die alte Trachtenkultur von Xinjiang gilt als Teil der alten chinesischen Kultur. Es wird einmal mehr besonders betont, dass seit jeher Xinjiang eine chinesische Provinz ist, an der sich die ethnischen Minderheiten entwickeln und gefördert werden. Xinjiang ist ein untrennbarer Teil des chinesischen Territoriums.
Unser nächstes Ziel war Kashgar, etwa 1'500 Kilometer westwärts. Um die ganze Strecke nicht auf einmal zu machen suchte ich nach einem Zwischenhalt. Am Rand der Taklamakan-Wüste fand ich Aksu. Nebenbei... wir wollten durch die Wüste reisen oder einen Ausflug in die Wüste machen. Wir blieben aber am Rand derselben zufrieden. Mehrmals habe ich gelesen, dass man schon im Mittelalter folgendes gesagt habe: Wenn jemand in die Taklamakan Wüste geht wird er nicht mehr herauskommen. Es sei die gefährlichste Wüste der Welt. Nun, wir sind nicht abergläubisch, wollten es trotzdem nicht riskieren. Es hat sich schlussendlich einfach nicht ergeben und man kann ja nicht alles sehen und haben. Spass beiseite, es lag grundsätzlich am Finanziellen. Die Reise wäre im Verhältnis teuer zu anderen besonderen Sehenswürdigkeiten. Wir sind mit dem Zug durch Landschaften gefahren, wo man über lange Strecken immer dieselbe Landschaft sah. Wenn man durch die Wüste fährt, sieht man wohl während vier bis fünf Stunden einfach Sand, Dünen und Strassen auf der langen Strecke. Das haben wir uns gespart.
Bei der Abfahrt im Bahnhof Urumqi wurden wir und auch alle Inlandreisenden wie überall in der Provinz Xinjiang minutiös kontrolliert. Die mitgebrachten Wasserflaschen wurden einzeln gescannt, meine offene Mineralwasserflasche wurde geöffnet und die Beamtin roch, ob sie eventuell etwas anderes als Wasser enthalte. Die Körperkontrolle ist seriös, das Portemonnaie wurde regelmässig geöffnet und durchsucht, das Mobile wird meistens auch aufgeklappt um zu schauen, ob etwas Unerlaubtes dazwischen steckt. Bei der Ankunft im Bahnhof von Aksu wurden wir wie üblich registriert und kontrolliert. Beim Ausgang vom Bahnhof in Aksu bat uns die Beamte zu warten. Kurz darauf kam ein Polizist, er kontrollierte den Pass, fotografierte alle relevanten Seiten und fragte noch, seit wann wir in China seien. Schlussendlich wollte er noch, wie auch üblich, die Telefonnummer von Maria. Wir suchten nach einem Taxi, es hatte hier keine organisierte Taxikolonne. Wir sahen uns um, da kam der Polizist auf Maria zu. Er habe vergessen zu fragen, in welcher Funktion mich Maria begleite. Bei der Frage nach Übersetzerin oder Reiseleiterin verneinte sie und sagte, dass wir verheiratet seien. Die Taxifahrer in Aksu haben meistens kein "Navigerät". Der Grundpreis ist fünf Yuan, das ist sehr tief. Wir gehen davon aus, dass sie aus diesem Grund stets Umwege fahren, damit der Preis etwas höher ausfallen wird. Die zwei ersten Taxifahrer haben sogar am Strassenrand angehalten und herumtelefoniert um das Hotel zu finden.
Eigentlich war die Absicht, nur kurz hier zu verweilen. Auch dieses Hotel bleibt uns in bester Erinnerung. Das Zimmer war gross, hatte einen Nebenraum mit einem Arbeitsplatz und einer kleinen Sitzgruppe Richtung Süden. Da hätten wir gleich mehrere Wochen logieren können. Es war sehr angenehm. Mitten durch die Stadt Aksu fliesst der gleichnamige Fluss. Die Stadt ist gepflegt und hat noch alte, erhaltene Quartiere. Dem Fluss entlang hat es schöne Plätze und Wege, wo wir öfters spazierten. Bei einem Platz wurde getanzt und Maria wurde zum Tanz eingeladen.
An der Hotelrezeption fragten wir nach dem Museum. Der Hoteldirektor persönlich fuhr uns mit seinem Auto vor den Eingang des Aksu Museums. Auch hier hat uns die lokale Geschichte besonders interessiert. Kaum waren wir im Museum besuchte auch eine Schulklasse die Hallen. Als die Schülerinnen und Schüler den Laowai sahen wurden sie ganz nervös. Ein Mädchen hatte dann den Mut mich zu fragen, ob sie ein Foto mit mir machen könne. Das hat das Eis gebrochen und ein Foto folgte dem anderen. So nach dem zwanzigsten sagte ich, jetzt möchten auch wir ein Foto. Das Museum beherbergt eine besondere Ausstellung über den ab dem ersten Jahrhundert aufblühenden Buddhismus in der Region. Der Bau von Tempeln, Grotten und Statuen wurde in dieser Zeit gefördert und unterstützt und die Wandmalereien wurden perfektioniert und vertieft. Die Region gilt als eine der wichtigsten buddhistischen Zentren in den westlichen Regionen.
Wir besuchten von Aksu aus das Uigurendorf Daolang im alten Wald. Es ist ein nachgemachtes Dorf. Touristischer könnte es kaum sein. Man erhielt einen Einblick in das Leben, jedoch oberflächlich. Die Region mit den teils mehrere hundert Jahre alten Bäumen war umso eindrücklicher.
In einem Bereich der Stadt Aksu hat es noch viele alte Gebäude wo man sieht, wie es früher war. Aus einem Lokal tönte laute Musik, wir erkundigten uns. Es fand eine Hochzeit statt und man bat uns, doch kurz in den Festsaal zu schauen. Weiter hat es einen riesig grossen traditionellen Markt, wo man Stoff, Früchte, Gemüse und Trockenfrüchte kaufen konnte. Aber auch für die Verpflegung war gesorgt. Metzger bieten Fleisch zum Verkauf an und grillieren oder kochen auch gleich ihre Spezialitäten am Stand zum sofortigen Verzehr.
In Kuqa fanden wir ein angenehmes Hotel mit einem perfekten Zimmer. Die Lage war, um abends zu essen, nicht optimal, doch für die beiden Ausflüge ideal.
Auf dem Weg zum mysteriösen Tianshan-Canyon besuchten wir noch die verlassene Stadt Subashi mit den Ruinen des buddistischen Zaohuli Tempels am Rand der Taklamakan-Wüste. Hier lebte nach Überlieferung die "Hexe von Subashi". Man fand die Mumie einer Frau mit einem grossen gepunkteten Hut. In verschiedenen Museen haben wir auch Mumien gesehen, sehr spannend. Ich verzichte darauf Bilder davon einzufügen. In Anbetracht, dass das Klima heiss und trocken ist, sind die Mumien teils sehr gut erhalten. Es ist sehr eindrücklich vor solchen Körpern zu stehen.
Den Kizilgaha Beacon Tower, ist wohl der nordwestlichste Feuerturm der Han Dynastie. Aus zeitlichen Gründen haben wir auf den Besuch der Kizil Grottentempel verzichtet. Wir haben ja schon etliche besucht. Die Wanderung durch die mysteriöse Tianshan-Schlucht war beeindruckend. Im Vergleich zum Pingshan-Canyon ist diese Schlucht einfach.
Zum Schluss besuchten wir das Tarim Populus Euphratica Nationalreservat. Nebenbei, der Tarim-Fluss ist etwas ganz Besonderes. Er ist der längste Binnenfluss in China und fliesst in kein Meer, sondern in das Binnenbecken der Taklamakan-Wüste. Zurück zu den Euphrat-Pappeln. Wir durften die goldenen Herbstfarben dieser alten Pappeln bestaunen. Die Blätter sind unserer Pappel ähnlich. Sie ähneln etwas den Ginkgo Biloba-Blätter, haben jedoch ganz feine Spitzen dem äusseren Rand entlang und in der Mitte keinen Einschnitt. Einmal mehr knipsten wir mehrere hundert Fotos, es ist so schön, man kann es kaum lassen. Zum Glück leben wir in der digitalen Zeit. Mit den alten Analogfotografie hätte man sich jedes Sujet einzeln ausgesucht und vielleicht 36 oder 72 Fotos gemacht. Das hätte natürlich auch Vorteile, man müsste nicht aus 400 Fotos oder mehr, sondern nur aus einigen Dutzend, die Besten auswählen.
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