90 - Chaozhou, Dongguan, Humen, & Foshan in der Provinz Guangdong

Mit bleibenden Erinnerungen der Tage, welche wir mit der jungen Familie verbringen durften, sind wir in Chaozhou eingetroffen. Diese Stadt haben wir auf dem Hinweg nach Fuzhou irgendwie verpasst. Sie wurde mit einer riesigen Ringmauer geschützt. Das Teilstück dem Fluss Han Jiang entlang wurde nicht abgerissen und gilt heute als ein touristischer Höhepunkt. Im Maritime Museum in Quanzhou wurden wir auf die besondere Brücke in Chaozhou aufmerksam gemacht. In Anbetracht, dass wir Zeit haben, gönnten wir uns einen längeren Aufenthalt in dieser Stadt um dieses Bauwerk bewundern und erleben zu können. 


Chaozhou wurde Mitte des ersten Jahrtausends während der Sui-Dynastie gegründet. Im 19. Jahrhundert gab es Hungersnöte und der Opiumkrieg leistete seinen Beitrag, dass viele Menschen vor allem nach Südostasien auswanderten. Der heutigen Stadt sieht man wie in den meisten Städten im Süden den kolonialen Einfluss an. Was hier besonders auffällt sind die vielen "Ehrentore", die man oft in vielen Städten sieht. Hier hat es überdurchschnittlich viele. Dieser Ausdruck ist meine Erfindung, da ich nach stundenlangem Surfen im Internet und ausführlichen Diskussionen mit Maria keinen offiziellen Namen auf Deutsch für diese Bauten gefunden habe. Während der Sui-Dynastie wurden diese Ehrentore das erste Mal grundsätzlich für Menschen gebaut, welche eine höhere, kaiserliche Prüfung bestanden haben. Diese verdienstvolle Anerkennung galt auch für Gelehrte der Wissenschaft, Technik und Treue bis hin zu Frömmigkeit. Einzelnen Menschen, die sich besonders für eine Stadt engagiert hatten oder eine grosse Ehre für die Stadt sind, konnte ebenso ein Ehrentor gewidmet werden. Während der Song-Dynastie wurden diese perfektioniert und während der Ming- und Qing-Dynastie ausserordentlich gepflegt. 1905 wurde diese Ehrung vom Guangxu-Kaiser abgeschafft. 


Strassenszenen: Vom Wahrsager über eine Strassenverkäuferin bis hin zum zähneputzenden Bewohner. 

Die Guangji-Brücke wurde vor gut 800 Jahren gebaut. Sie zählt zu einer der berühmtesten Brücken in China. Sie überquert den Fluss Han Jiang und ist gut 500 Meter lang. Sie gilt als die erste öffnende Brücke der Welt. Auf der Stadtseite wird die Brücke unterbrochen, damit der Schiffsverkehr während bestimmten Zeiten durchfahren kann. Während der anderen Zeit wurde die Lücke mit Pontonbooten gefüllt und man konnte den Fluss zu Fuss überqueren. Man sagt, dass man nicht in Chaozhou gewesen sei, wenn man die Brücke nicht überquert habe. Wir haben sie gleich mehrmals überquert. Es ist schon etwas Besonderes, wenn man zuerst über eine feste Brücke geht, dann hinab über die Pontonboote marschiert um dann wieder oben auf dem anderen festen Teil der Brücke weiter gehen zu können. 

Wir besuchten das alte Dorf Longhu. Da ist die Zeit irgendwie stehen geblieben. Nach dem Eingangstor kann man durch die Hauptgasse flanieren, wo es etliche Geschäfte hat. Die meisten Familien dieser Zeit hatten einen persönlichen Tempel. Geht man etwas durch die Seitengassen, ist der Ursprung der Bauten noch sichtbarer, da die meisten Gebäude kaum noch geschützt, und dadurch eher am zerfallen sind. 





In Chaozhou ist der bekannte Kaiyuan Tempel und unweit davon steht auch ein eindrücklicher Thai Buddha Tempel. 


Das Reisen in China ist, wie auch schon geschrieben, nicht immer so einfach. Wir haben Chaozhou verlassen und sind mit dem Zug nach Dongguan weitergefahren. Beim Bahnhof musste Maria entscheiden, ob wir nach Dongguannan, Dongguan oder Dongguan-Humen wollen. Da es einen direkten Zug nach Dongguannan gab, entschieden wir uns für diese Variante, welche nur zwei Stunden dauerte. Die direkte Fahrt war angenehm, doch am Bahnhof angekommen mussten wir noch einen Bus nehmen, der nach Dongguan fuhr. Die Fahrt dauerte eine gute Stunde. In Dongguan angekommen nahmen wir noch ein Taxi zum Hotel. Diese Fahrt dauerte noch einmal eine gute halbe Stunde. Im Hotel angekommen fanden wir heraus, dass wir von Dongguan-Humen nur eine Metrostation entfernt gewesen wären. 



In der Provinz Xinjiang besuchten wir im Oktober 2023 die goldenen Euphrat-Pappeln in Luntai. Da haben wir zwei Damen aus Dongguan kennengelernt. Eine Mutter besuchte die Naturschönheit zusammen mit ihrer Tochter. Wir haben den Kontakt festgehalten und besuchten sie hier. Wir haben sie getroffen und freuten uns gegenseitig über das Wiedersehen. Chinesische Menschen sind manchmal zu freundlich und zu zuvorkommend. Sie haben uns mit drei mit Geschenken gefüllten Taschen überrascht. Was sollen wir mit so viel Geschenken? Nicht annehmen wäre unhöflich, so nahmen wir die ganzen Geschenke entgegen und überlegten, was wir damit anfangen sollen. Nach einem gemeinsamen Mittagessen führten sie uns durch den Keyuan-Garten. Zhang Jingxiu baute diesen berühmten Garten der Qing-Dynastie 1850. Er wurde mit Backsteingebäuden ergänzt wurde. Das dreistöckige Gebäude war lange Zeit das höchste Gebäude in Dongguan. 


Anschliessend führten sie uns noch durch das alte Industriequartier, welches heute als origineller Treffpunkt genutzt wird. Da findet man Café, Restaurants, Familienspielplätze bis hin zu einer Basketball-Halle alles, was für einen gemütlichen Aufenthalt in Gemeinschaft genutzt werden kann. Eine gelungene Umnutzung der alten Fabrikgebäude. 


Noch zu all den Geschenken. Wir haben uns entschieden, die erhaltenen Geschenke per Post nach Shanghai zu senden. Wir dachten, dass sich Familienangehörige bestimmt daran freuen werden. Maria fand eine China Post ganz in der Nähe des Hotels. Wir trabten mit zwei gefüllten Taschen zur Poststelle, liessen die Ware einpacken und zum Versand bereit machen. Die kompetente und freundliche Postangestellte fand eine Kartonschachtel und packte fachmännisch ein. Maria gab die Adresse an und das sieben Kilo schwere Packet war versandbereit. Es kostete uns CNY 40 (etwa fünf Franken). Am anderen Tag ist das Paket bereits angekommen. Die Empfänger freuten sich an all den Gaben. In China funktioniert die Post ganz anders und es klappt auch. 


Das "Opium War Museum" stand auf unserer Reiseliste ganz oben. Wir besuchten dieses Museum und waren sehr beeindruckt. Es wird geschichtlich gut präsentiert. Die verschiedenen Kolonialmächte, allen voran die Briten, waren dem Kaiserreich militärisch überlegen. Mit dem Opium wurde die ganze Nation zusätzlich extrem geschwächt. Der Kaiser Daoguang verbot am 18. März 1839 den Opiumhandel in China. Lin Zexu erhielt den Auftrag, das Verbot durchzusetzen. Als kaiserlicher Gesandter war er kompromisslos mit den britischen Händlern, welche Opium importierten und setzte das Verbot mit eiserner Hand durch. Eine riesige Menge (1'150'000kg) Opium wurde vernichtet. Daraufhin ergab sich ein illegaler Handel. Die Organisation der Schmugglerbanden wird eindrücklich präsentiert. Lin Zexu appellierte an das moralische Bewusstsein der Ausländer und hielt in einem Brief an Königin Viktoria fest, dass es in England auch ein Opiumverbot gebe. Er bat darum, die Exporte nach China einzustellen. Der erste Opiumkrieg begann. Kaiser Daoguang versuchte, den Krieg auf diplomatischem Weg zu beenden. Er machte dann Lin Zexu verantwortlich und verbannte ihn in den Norden. Der Kaiser willigte ein und nahm den sehr einseitigen Vertrag von Nanjing zugunsten der Briten an. Darin wurde festgehalten, dass die britischen Händler für das vernichtete Opium entschädigt werden, der Import von Opium wurde legalisiert, Kriegskosten der Briten mussten berappt werden und verschiedene Territorien wie die Insel Zhousan wurden als Handelsbasis unter britische Souveränität gestellt. Das Ziel des zweiten Opiumkriegs war, den internationalen Handel zu öffnen und den Opiumhandel zu legalisieren. Die Abstimmung für die Kriegserklärung in London war äusserst knapp. Der religiöse William Gladstone kritisierte die Regierung und hielt fest, dass er sich vor Gottes Urteil über England angesichts des geübten Unrechts gegen China fürchte. Es ist mir nicht möglich, die ganze Geschichte in einem kleinen Abschnitt zusammenzufassen. Es ist jedoch spannend, über diese Geschichte und das Leid zu lesen. 


Unterzeichnung des Vertrags von Nanjing1842. 

Am darauffolgenden Tag besuchten wir das Marine Museum "Humen Navy Battle Museum". Auf der einen Seite wird die Geschichte der Kolonialmächte aufgeführt, auf der anderen Seite parallel dazu die Geschichte von China. Auch die Geschichte der Opiumkriege wird hier thematisiert. Lin Zexu übersetzte das Werk "Völkerrecht" von Emerich de Vattel aus der Schweiz (1714-1758). Er wandte dieses Völkerrecht in einem diplomatischen Kampf gegen Charles Elliot an. Das Opium sei zu vernichten und die Mörder zu bestrafen. Die Schlussfolgerung am Ende der Ausstellung lautet, dass wir aus der Geschichte lernen sollen um die Verwirklichung des chinesischen Traums der chinesischen Nation realisieren zu können. 

Bild rechts: Emerich de Vattel. 

Übrigens, Engels und Marx werden in vielen Museen geehrt. Engels beurteilte den Opiumkrieg als ein Volkskrieg zur Rettung der chinesischen Nation. Ich sehe das ganz anders. 


Die Stadt Foshan war unser nächstes Ziel. 1950 zählte Foshan 103'000 Einwohnende. 1951 wurde Foshan zur Stadt erklärt. 1990 überstieg die Einwohnerzahl die erste Million. 2017 sind es über sieben Millionen auf einer Fläche von knapp 4'000km2. Das rasante Bevölkerungswachstum, nicht nur hier, ist gewaltig. Beginnen wir nun mit der Geschichte, die im 7. Jahrhundert begann. Die daoistische Tempelanlage Zumiao ist die älteste kulturelle Anlage hier. Da steht auch ein Konfuzius-Tempel. Ebenso wird hiere der Kung-Fu-Kampfsport des Wing Chun eindrücklich thematisiert. Vorfahren von Bruce Lee stammen aus dieser Region. Während der Kulturrevolution konnte die Zerstörungswut der Roten Garden gestoppt werden. Der Tempel wurde nach 1949 als Museum der Stadt genutzt. Die Bevölkerung von Foshan versammelte sich vor dem Tempel und ging auf eine "Redeschlacht" mit den Roten Garden ein. Diese konnte überzeugt werden und so wurde das Kulturgut nicht zerstört. 

Gleich neben der Tempelanlage ist Lingnan World, eine wiederaufgebaute Altstadt. Wenige alte Gebäude sind unter Schutz gestellt, die übrigen wurden nach alten Vorlagen neu gebaut. Es ist eine gemütliche Touristenattraktion mit vielen Restaurants, Geschäften und einigen historischen Gebäuden. 

Wir hatten Besuch aus der Schweiz. Irène und Thomas Eigenmann besuchten uns. Wir besuchten nebst der historischen Altstadt den Qinghui-Garten aus der Qing-Dynastie. Kaiser Qianlong verkaufte den Garten an Long Yingshi, welcher von ihm und den nachkommenden Generationen neu gestaltet und weiter ausgebaut wurde. Er gilt als einer der vier schönsten Gärten in der Provinz Guanhzhou. 


Porzellan, Keramik und Glas hat für mich eine wichtige Bedeutung. So versteht es sich von selbst, dass wir den ältesten Drachen-Brennofen Nanfeng aus der Ming-Dynastie besucht haben. Diese Öfen wurden an Hügeln mit einer Steigung zwischen 10 und 16° Gebaut. Für hoch zu brennende Keramik erreichten diese Öfen bis zu 1'400 Grad. Die Länge war teils über 50 Meter, sodass man bis zu 25'000 Einzelstücke gleichzeitig brennen konnte. Der Nanfeng-Brennofen stammt aus der Zhengde-Ära anfangs 16. Jahrhundert (Ming-Dynastie). Die Häusergruppe, oder man könnte auch sagen, das kleine Dorf im Anschluss, wird heute als Töpfereien und Souvenirläden genutzt. Vielen Töpfern kann man über die Schulter schauen und staunen, was sie mit ihren Händen für Kunstwerke schaffen können. Ein gelungenes und informatives Freiluftmuseum. 


Das Wetter verwöhnte uns während vier Tagen kaum. Es regnete teils in Strömen. Am letzten Tag vor der Weiterreise nach Vietnam blieb es bewölkt, die Regenwolken waren zu unserem Glück entleert. Wir besuchten den erloschenen Xiqiao-Vulkanberg. Hier thront der Buddha Guanyin (Bodhisattva), der 1998 eingeweiht wurde. Das Denkmal ist mit dem Sockel fast 80 Meter hoch. Der Aufstieg über die vielen Treppen, neben Tempeln und Gebetspavillons ist spannend. Auf der Höhe angekommen hat man (bei guter Sicht) ein herrliches Panorama über die Stadt Foshan. Ein schöner Abschluss der zweiten Reise unserer Weltenbummler-Zeit durch China. 


Die Sicht von Buddha Guanyin auf Foshan. 


Der Flug ist gebucht, die Koffer gepackt und der nächste Reisebericht wird aus Vietnam kommen. Wir freuen uns auf die Weiterreise. 


Zwischendurch geniessen wir natürlich auch kulinarische Spezialitäten. 

Einen lieben Gruss in unsere Heimat. 



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

82 - Ürümqi, Aksu & Kuqa, Provinz Xinjiang

83 - Kaxgar, Provinz Xinjiang

87 - Hainan II, von Sanya zum Wuzhishan